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Was ist Glück und wie kann ich es finden?

Glück ist erst einmal ein besonderes Gefühl und kann für jeden von uns etwas ganz anders bedeuten. Für den einen sind es die großen Momente, während es für den anderen eher die kleinen Dinge des Lebens sind. Mit dem Glück ist neben dem kurzen Augenblick einer Hochstimmung aber auch die eher langfristige und stillere Variante der allgemeinen Lebenszufriedenheit gemeint. Das Glück kann dir also in verschiedenen Variationen begegnen. Vielleicht ist es das großartige Gefühl einer neuen Liebe im Sommer, der Genuss deiner Lieblingschips beim Fernsehabend auf der Couch oder einfach ein zufriedenes Lebensgefühl, während du mit deinem Hund durch den Wald spazieren gehst. Das Glück hat also unterschiedliche Ausprägungen. Eines bleibt aber immer gleich. Dein Gehirn belohnt dich durch die Ausschüttung des Glücksstoffs Dopamin und lässt dich euphorisch und glücklich fühlen.

 

 














Bis in die heutige Zeit gibt es eine Sehnsucht nach einem glücklichen und zufriedenen Leben. Aber wie konnte man diesen Zustand erreichen? Die griechischen Philosophen waren sich einig, dass es das eine Glück nicht gibt, sondern eher verschiedene Formen, denn das Glück hat viele Gesichter. Der griechische Philosoph Platon beschrieb das Glück als einen Zustand, in dem sich der Realitätssinn eines Menschen mit den Begehrlichkeiten in einer Art Gleichgewicht befindet, während Aristoteles das Glück in Zusammenhang mit einem langfristig erfüllten und zufriedenen Leben erklärte.


 

Glück als Grundrecht.

Ein glückliches Leben zu führen, hat für uns also eine hohe Bedeutung. Das führte z. B. in den USA dazu, dass das Streben nach Glück als Grundrecht in die Unabhängigkeitserklärung aufgenommen wurde, während die Vereinten Nationen das Glück 2011 zum grundlegenden Ziel aller Menschen erklärten. In einer Resolution forderten sie ihre Mitgliedsstaaten auf, ihre nationale Politik danach auszurichten. Darüber hinaus wird von den Vereinten Nationen jedes Jahr die weltweite Lebenszufriedenheit in einem „World Happiness Report“ gemessen. Übrigens, die glücklichsten Menschen lebten demnach 2023 in Finnland. [1]

 

 

Eine Dokumentation des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR)

Unter dem Motto „Was macht uns glücklich? – Die Fragen nach dem Glück und dem Sinn des Lebens“ macht sich Tobias Ossyra auf den Weg, um in der Dokumentation von MDR Wissen z. B. der Frage nachzugehen, wie ich meine Lebenszufriedenheit tatsächlich beeinflussen kann. Aus diesem Grund besucht er verschiedene Menschen, um sie nach ihrer Lebenszufriedenheit zu befragen.


 

Zwei Arten von Glück.

In vielen wissenschaftlichen Studien wurde das Glück untersucht und die aktuelle Forschung unterscheidet das menschliche Wohlbefinden in zwei Arten von Glück. Das emotionale und das kognitive Wohlbefinden. Das emotionale Wohlbefinden definiert dabei das Verhältnis zwischen positiven und negativen Gefühlen an einem Tag, wobei das kognitive Wohlbefinden beschreibt, wie zufrieden wir uns grundsätzlich in unserem Leben fühlen.

Wobei das jeweilige Befinden auch davon abhängt, wie wir mit dem Umstand umgehen, dass es einen Unterschied gibt zwischen dem, was wir uns in unserer Gedankenwelt ersehnen und dem, was wir in unser Lebenssituation auch wirklich realisieren können. Zu hoch gesteckte Ziele können zu Unmut führen.

Seit es möglich ist, die Aktivität des Gehirns zu analysieren, gibt es auch in der Neurowissenschaft neue Erkenntnisse. Der amerikanische Neurowissenschaftler Richard Davidson hat herausgefunden, dass bei Menschen mit einer hohen subjektiven Zufriedenheit die linke Gehirnhälfte weitaus aktiver ist als bei unzufriedenen Menschen.

Laut Tobias Esch, einem international renommierten Neurowissenschaftler in der Glücksforschung, spielt die endogene Belohnung die größte Rolle bei der Frage, was uns antreibt, positiv durchs Leben zu gehen. Die Aussicht auf ein bestimmtes Wohlgefühl, wenn das Gehirn von bestimmten Botenstoffen durchflutet wird, motiviert uns dabei zum Handeln.


 

Wie wir Glück je nach Lebensphase empfinden:

Unter welchen Voraussetzungen das Wohlgefühl einsetzt, hängt auch von unseren jeweiligen Lebensphasen ab, in der wir uns gerade befinden. In einer deutschlandweit durchgeführten Studie hat Tobias Esch 2017 herausgefunden, dass die meisten Menschen in ihrem Leben drei, teils sehr unterschiedliche Arten von Glück empfinden und dass sich die Art und die Stärke des Glückgefühls durch biochemische Vorgänge im Gehirn messen lassen.

Die erste Art von Glücksgefühl erleben wir demnach während unserer Kindheit, unserer Jugend bis hin zum jungen Erwachsenenalter. Abenteuerlust, Entdeckerfreude, das Gefühl, frei zu sein, und vielleicht die erste Liebe vermitteln uns eine aufregende und glückliche Zeit. Unser Gehirn belohnt uns und schüttet in dieser Zeit viel Dopamin aus, welches die im Gehirn ansässigen Neuronen in opiumähnliche Stoffe umsetzen, die unseren Gefühlszustand positiv beeinflussen.

In der zweite Lebensphase dominieren die Herausforderungen im Berufsleben, der Beziehung oder der Familie. Diese Anstrengungen unterscheiden sich stark von dem Freiheitsgedanken und der Aufbruchstimmung der Jugendzeit. Laut der Studie ist es im Alter zwischen 40 und 50 Jahren besonders schwierig, große Glücksmomente zu genießen oder ein generell glückliches Leben zu führen. Die wenigen Glücksmomente fühlen sich weniger spektakulär an als in der in der ersten Phase des Lebens. Der Neurowissenschaftler Tobias Esch nennt diese Phase „Tal der Tränen“.

Aber es gibt Hoffnung. In der dritten Phase ab etwa Ende 50 steigt das subjektive Glücksempfinden wieder, denn im hohen Alter wird Dopamin in endogenes Morphium umgewandelt und bewirkt, dass wir in dieser Phase des Lebens Zufriedenheit und Gelassenheit empfinden, unabhängig körperlicher Unzulänglichkeiten. Wir fühlen uns zur richtigen Zeit am richtigen Ort und ruhen in uns selbst.

Erstaunlich ist, dass weltweite Forschungsergebnisse aus diesem Bereich die Erkenntnisse dieser Studie belegen, unabhängig des allgemeinen Wohlstands im Erhebungsgebiet. Tobias Esch vermutet hinter diesen weltweit gesammelten Daten ein biologisches „Urprinzip“.

Aber sind wir denn überhaupt noch in der Lage, unser Glück selbst zu finden oder ist unser Glück alleine vom Urprinzip abhängig? Zum Glück nicht, lautet die Antwort vom Glücksforscher Tobias Esch. In jeder Lebensphase kann aktiv an der eigenen Lebenszufriedenheit gearbeitet und ein Teil des persönlichen Glücks beeinflusst werden. Das bestätigen laut Esch auch viele internationale Studien. Demzufolge gibt es drei wesentliche Faktoren, die das eigene Glücksempfinden beeinflussen. Es sind die Gene, die eigenen Lebensumstände und wie ich mich in meinem Leben verhalte. Laut aktueller Forschungsergebnisse der Psychologin Sonja Lyubomorsky hängen rund 50 Prozent unserer Lebenszufriedenheit von unseren Genen ab. Diese Zufriedenheit ist ein positiv motivierter Zustand, der das Gefühl innerer Ausgeglichenheit beinhaltet. „Sie ist teils genetisch bestimmt, teils durch die Umwelt geprägt, etwa durch Bindungserfahrungen in der Kindheit. Wie zufrieden ein Mensch ist, kristallisiert sich bereits zwischen dem fünften und zehnten Lebensjahr heraus und bleibt zeitlebens gleich.“[2] Den eigenen Lebensumständen werden 10 Prozent zugerechnet, und die restlichen 40 Prozent können wir mit unserem Handeln beeinflussen.

Die aktuelle Glücksforschung um Tobias Esch geht davon aus, dass man das Gefühl Glück wie eine Art Muskel betrachten kann, den man trainieren oder vernachlässigen kann. Bei der „Glücksarbeit“ ist die Fähigkeit, zu sich selbst zu finden und Veränderungen zuzulassen, ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem glücklichen Leben.

Die aktuelle Burn-out-Forschung belegt laut Esch, dass ca. 50 Prozent der Menschen sich in ihrem Leben nicht wirklich glücklich fühlen. Es ist also wichtig, trotz individueller Herausforderungen, die positiven Dinge des Lebens nicht außer Acht zu lassen. Übungen, z. B. seine positiven Erlebnisse am Tag in ein Glückstagebuch zu schreiben, können dabei ein guter Anfang sein.


 

Wie erreichst du langfristig eine hohe Lebenszufriedenheit?

Die Fähigkeit, sich selbst lieben zu können und etwas im Leben zu haben, an dem das Herz hängt, gehören laut dem Neurowissenschaftler Tobias Esch zu den beiden wichtigsten Faktoren, um langfristig zu einer hohen Lebenszufriedenheit zu gelangen. Weitere Bausteine auf dem Weg zum Glück sind positive Emotionen und soziale Beziehungen. Wer sich z. B. im Frühling in die Natur begibt und das Erwachen der Vegetation auf sich wirken lässt, wird sich anschließend gestärkt und ausgeglichen fühlen. Aber auch Unternehmungen mit Freundinnen und Freunden leisten einen großen Beitrag zu Lebenszufriedenheit und stärken uns für die Bewältigung von kommenden Herausforderungen. Das Ergebnis der Studie „Harvard Study of Adult Development“ zeigt auf, dass stabile soziale Bindungen einen erheblichen Einfluss auf ein glückliches und erfülltes Leben haben. Diese wissenschaftliche Arbeit zählt zu den umfangreichsten Glücksstudien der Welt.

Ein weiterer Aspekt ist die „Sinnesschöpfung“. Gemeint ist damit die Fähigkeit, sich nach Fehlern oder Niederlagen bewusst zu machen, wie man aus diesen Situationen lernen kann und das Erlernte in sein weiteres Leben nützlich einbringt. Das schützt natürlich nicht vor der nächsten Krise, aber es wirkt sich positiv auf den Umgang und die Verarbeitung dieser aus.


 

Die materielle Seite des Glücks.

Auch Geld und Konsum hat einen Einfluss auf unser Lebensgefühl. Eine Studie des Psychologen Matthew Killingsworth kam zu dem Ergebnis, dass der größere Teil der Befragten mit einem höheren Einkommen auch ein höheres Glücksgefühl verbanden. Begründet wurde das mit dem Gefühl der Unabhängigkeit und der Kontrolle über sein eigenes Leben. Darüber hinaus fand die Untersuchung des Deutschen Jugendinstituts zu Armut und Lebensgefühl heraus, dass Familien durch finanzielle Sorgen schnell unter Druck geraten und die Belastung Konflikte in der Beziehung herbeiführt.

Auch die Soziologin Hilke Brockmann interessiert sich für die materielle Seite des Glücks und forscht in diesem Zusammenhang zum Thema Konsum und Status. Nach ihren Recherchen sind viele Menschen gefangen in einem „Hamsterrad des Glücks“. In der Wissenschaft spricht man von einer „hedonistischen Tretmühle“. [3] Durch den sozialen Vergleich mit anderen Menschen entstehen kontinuierlich neue Bedürfnisse. Diese gilt es zu befriedigen. Durch das Glücksempfinden beim Kauf von Statusprodukten kommt es zu immer weiteren Konsumwüschen, die aber infolge immer weniger Glücksgefühle hervorrufen und langfristig zur Unzufriedenheit führen.


 

Fallstricke auf dem Weg zum Glück:

Das Gefühl, ein fremdbestimmtes Leben zu führen, gilt in der Glücksforschung als größtes Indiz für Unzufriedenheit. Durch eine hohe Arbeitsbelastung und z. B. ein anspruchsvolles Zeitmanagement in der Familie kann es zum Gefühl kommen, ständig gefordert zu sein, was wiederum zur Überforderung führen kann. „Nicht zu leben, sondern gelebt zu werden“ [1].

Das ständige Streben nach dem perfekten glücklichen Leben bringt uns in Hinblick auf ein erfülltes Leben nicht weiter. Eine neue Frisur, ein neues Handy oder ein neuer Urlaub können das Belohnungssystem unseres Gehirns aktivieren und für einen kurzen Augenblick ein Glücksgefühl in uns auslösen. Langfristig helfen uns diese Momente allerdings nicht, ein zufriedenes und glückliches Leben zu führen. Der Psychologe Hans-Otto Thomashoff erkennt anhand seiner Forschungsergebnisse, dass immer mehr Menschen ihr Glück in diesen kurzfristigen Hochs suchen. In Wahrheit würden diese Menschen aber mit der Zeit immer unglücklicher, da sie in immer kürzeren Abständen diese Hochs erleben möchten und die Befriedigung von Mal zu Mal geringer wird.


 

Fazit

Für ein glückliches Leben ist es also wichtig, dass uns bewusst wird, dass nachhaltiges Glück nicht aus kurzweiligen Augenblicken der Hochstimmung besteht. Darüber hinaus müssen wir lernen in uns zu schauen und zu erkennen, was wir wirklich für ein zufriedenes und glückliches Lebensgefühl benötigen. Das kann bei jedem von uns etwas ganz anderes sein. Allerdings sollten wir dabei ehrlich zu uns sein und aufpassen, dass unsere Wünsche auch mit unserer Lebenssituation in Einklang zu bringen sind. Überzogene Erwartungen führen eher zu Frust und nicht zu einem positiven Lebensgefühl.

In einem Punkt sind sich die Wissenschaften von Psychologie, Soziologie und Neurowissenschaft einig: Ich kann mein eigenes Glück beeinflussen.

 


 

Podcast zum Thema Glück

Der Gesundheitsforscher und Neurowissenschaftler Tobias Esch erzählt über das Glück, sich mit dem Glück zu befassen und warum das Gefühl der Bedeutsamkeit so wichtig für unsere Gesundheit ist.

Tobias Esch, Glücksforscher, über das Glück sich mit dem Glück zu befassen - Blaue Couch | BR Podcast

 


 

Quellen:

 


Bildnachweise: Happiness: Ein Bild von xxolaxx auf Pixabay; Dog: Bild von 8777334 auf Pixabay
Ein Beitrag von Sven aus der JIZ-Redaktion

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