Sollten Richter und Gesetze über das Leben von Menschen entscheiden können?
von Der Schotte und Angst Potter
(Schreibgruppe der JVA Hahnöfersand)
Wir sind der Meinung, dass das situationsabhängig ist, weil Richter sich nicht in jede Situation hineinversetzen können. Eigentlich müssen sie neutral urteilen. Obwohl sie vielleicht Vorurteile gegenüber bestimmten Menschen und/oder Straftaten haben. Einige Richter haben mehr Verständnis, andere gar nicht. Wir haben zum Beispiel den Eindruck, dass Vergewaltiger manchmal mit geringeren Strafen davonkommen als Drogenhändler. Wir verstehen die Nachsicht in diesen Fällen nicht. Unser Eindruck ist, dass auch oft Urteile oberflächlich gefällt werden, anstatt sich mehr mit dem Menschen und seiner Straftat auseinanderzusetzen. Es sollten auch mildere Urteile gefällt werden, wenn es eine wirklich plausible Begründung dafür gibt, und es sollte berücksichtigt werden, dass es für Straftaten manchmal auch verschiedene Motive gibt.
Es gibt auch einige Gesetze, die wir gern ändern würden. Wir sind der Meinung, dass es keine Mindeststrafen geben sollte. Wenn man als Teil einer Bande beispielsweise mit Drogen in nicht geringer Menge handelt, liegt die Mindeststrafe im Normalfall bei fünf Jahren – obwohl manche Leute aus der unteren Hierarchie dabei so gut wie gar nichts verdient und es meist nur deshalb gemacht haben, um ihren eigenen Konsum zu finanzieren.
Es heißt ja, dass Unwissenheit nicht vor Strafe schützt. Aber auch das sollte geändert werden. Wir sind der Meinung, dass, wenn man eine Straftat begeht, die einem in diesem Moment gar nicht bewusst ist, man gar nicht oder viel milder bestraft werden sollte. Das Gleiche sollte für „mitgefangen – mitgehangen“ gelten: Wenn mich jemand in seine Straftat mit reinzieht, ohne dass ich das weiß oder will, und ich das nur verhindern könnte, indem ich ihn verpetze, was ich auch nicht will – wir finden, dass man dafür nicht bestraft werden sollte, weil es doch gar nicht unsere Aufgabe sein kann, Gesetze zu vertreten oder Straftaten zu verhindern. Wir denken, dass es nicht in Ordnung ist, dass man seine Freunde verrät, nur um selbst nicht angeklagt zu werden. Wenn meine Freunde Scheiße bauen, dann sollte ich nicht, nur weil ich dabei war und es nicht verhindert habe, bestraft werden können. Wenn man Scheiße baut, sollte man eine faire Strafe bekommen, aber wenn man durch Verrat Strafmilderung bekommt, ist das nicht ok.
Wir sind auch der Meinung, man sollte Jugendlichen keine zu hohen Strafen geben, denn im Endeffekt sollte man auf Resozialisierung setzen – was durch lange Haftstrafen schwer möglich ist. Wie soll ein 16-Jähriger wieder ins normale Leben zurückfinden, wenn er die nächsten fünf Jahre im Gefängnis sitzt? In Schweden beispielsweise ist die Rückfallrate viel niedriger als in Deutschland, weil man dort viel mehr auf Resozialisierung setzt und nicht so lange Haftstrafen verhängt wie hier.
Unserer Meinung nach hat ein Richter einfach zu viel Freiraum, um jemanden zu verurteilen. Man kann zwar, wenn man mit dem Urteil nicht zufrieden ist, Revision einlegen, doch ob das auch angenommen wird, ist eine andere Frage. Und wann – das ist dann die nächste Frage. Wir sind der Meinung, dass man das gesamte Strafsystem nochmal gründlich überarbeiten müsste - doch es ist klar, dass das wohl niemals passieren wird.
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Die Klarnamen der Verfasser sind durch Pseudonyme ersetzt.