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Die Morde von Hinterkaifeck

von 721

(Schreibgruppe der JVA Hahnöfersand)
 

Am 31.März 1922 wurde die gesamte Familie Gruber und ihre Magd auf ihrem Einödhof Hinterkaifeck ermordet. Aufgrund der außergewöhnlichen Umstände und des immer noch ungelösten Verbrechens ist dieser Fall heute immer noch von großem Interesse.

  • Die Opfer

Getötet wurden das Ehepaar Andreas (72) und Cäzilia (64) Gruber, ihre Tochter Viktoria Gabriel (35) und deren Kinder Cäzilia (7) und Josef (2). Dazu die Magd Maria Baumgartner (45).

  • Die Geschehnisse vor der Tat

Schon Mitte März 1922 häuften sich merkwürdige Vorkommnisse in und um Hinterkaifeck. In der Nähe des Hofes wurde eine Münchener Zeitung gefunden, doch diese war in der Gegend nicht verbreitet. Andreas Gruber glaubte zuerst, dass der Postbote die Zeitung verloren habe, was aber nicht sein konnte, da niemand in der Umgebung diese Zeitung abonniert hatte. Zudem entdeckte Andreas Gruber einige Tage vor der Tatnacht Spuren im Schnee, die zum Hof führten – aber nicht wieder davon weg, was bedeuten musste, dass sich die Person noch auf dem Hof aufhielt. Davon abgesehen fehlte der Familie plötzlich ein Haustürschlüssel. Am Maschinenhaus wurde das Schloss aufgebrochen und ein Rind losgebunden. Und angeblich hatten die Hinterkaifecker beobachtet, dass ein Mann mit Schnauzbart das Anwesen ausspioniert hatte.

  • Tatnacht 31.März/1. April 1922

Der 31. März 1922 war ein Freitag. Die neue Magd Maria Baumgartner war erst nachmittags auf dem Hof angekommen. Aufgrund der Auffindesituation der Leichen wird vermutet, dass die Morde in dieser Reihenfolge begangen wurden: Zuerst Viktoria Gabriel, danach Cäzilia und Andreas Gruber, dann die siebenjährige Cäzilia. Alle wurden mit einer Reuthaue (einer Art Hacke, Anm. der Red.) erschlagen, die zum Inventar des Hofs gehörte. Die Schreie aus der Scheune waren im gesamten Haus nicht zu hören, daher fragt man sich, wieso einer nach dem anderen dort hinging. Der oder die Täter müssen nach der Tat von der Scheune durch den Stall in den Wohnbereich eingedrungen sein, wo mit derselben Waffe zuerst die neue Magd Maria Baumgartner und dann der zweijährige Josef in seinem Stubenwagen getötet wurden.

  • Entdeckung der Tat

Zwischen der Tat und ihrer Entdeckung waren vier Tage vergangen. In dieser Zeit muss der Täter entweder dortgeblieben sein, oder er kehrte mindestens einmal wieder zurück, da das Vieh versorgt wurde. Außerdem war der Brotvorrat aufgebraucht und das Fleisch in der Vorratskammer frisch angeschnitten. Zahlreiche Leute kamen vor der Entdeckung der Tat auf den Hof, trafen dort aber niemanden an – was zwar Verdacht erregte, aber wohl nicht für großes Unbehagen sorgte. Der Monteur Albert Hofner kam am 4. April wie vereinbart, um den Motor der Futterschneidemaschine zu reparieren. Außer dem Brüllen der Kühe und dem Bellen des Hundes hörte er auf dem Hof nichts. Nach der Reparatur ging Hofner auf dem Hof herum und bemerkte das offene Scheunentor. Er schaute, ging aber nicht hinein, weshalb er auch die Leichen nicht fand. Der Ortsvorsteher Lorenz Schlittenbauer kam danach mit zwei Männern auf den Hof und entdeckte die Leichen. Als Mordmotiv wurde zuerst Raubmord vermutet, jedoch war so viel Geld zurückgelassen worden, dass die Morde doch eher als Beziehungstat angesehen wurden.

  • Tatverdächtige

Es gab insgesamt ca. hundert Tatverdächtige, von denen jedoch kein einziger angeklagt werden konnte. Was auch an der peinlichen Polizeiarbeit vor Ort lag, denn in der damaligen Zeit galt die Forensik meist nur als Humbug. Bei sechs Mordopfern wurden insgesamt nur 5-7 Fotos vom gesamten Tatort gemacht, und darüber hinaus wurde das halbe Dorf an den Tatort gelassen – überall wurde herumgetrampelt, alles wurde angefasst oder gar umgestellt.

Als einer der Haupttatverdächtigen galt Karl Gabriel, der angeblich im Krieg gefallene Mann von Viktoria Gabriel, weil sein Grab zum Zeitpunkt der Morde noch nicht gefunden war, und einige Menschen der Meinung waren, dass sie ihn vor der Tat in der Nähe des Hofes gesehen haben wollen. Dann ging man von zwei Tätern aus, da im Heu im Stall zwei Kuhlen entdeckt wurden. Möglicherweise hätten es auch die zwei erwachsenen Söhne des Ortsvorstehers Lorenz Schlittenbauer gewesen sein können.

  • Mein Tatverdächtiger

Kurz nachdem Lorenz Schlittenbauer Witwer wurde, fing er eine "Freundschaft Plus" mit Viktoria Gabriel an. Gerüchten zufolge sollte Viktorias Sohn Josef aus einem Inzestverhältnis mit ihrem eigenen Vater stammen – aber genauso gut war es auch möglich, dass er das Kind von Lorenz Schlittenbauer war. Anhand ihrer Verletzungen und Würgemale wurde klar, dass Viktoria in einem Gefühlsaffekt getötet wurde und die weiteren Morde nur der Vertuschung dienten. Schlittenbauer hatte von Andreas Gruber nie die Erlaubnis erhalten, Viktoria zu heiraten, und wenn Josef tatsächlich nicht sein, sondern das Kind von Gruber war, dann würde es auch den Mord an dem Kind erklären, das ja eindeutig kein Tatzeuge war.

 


Die Klarnamen der Verfasser sind durch Pseudonyme ersetzt.
Bildnachweis: blaue Maske aus Pappmaché © (Strammer) Maks, blaue Maske aus Pappmaché @ Boxer > entstanden im Kunstprojekt STABIL der JVA Hahnöfersand in Kooperation mit dem JIZ Hamburg

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