Wie die Zeit hier im Knast so vergeht

von Gypsy

(Schreibgruppe der JVA Hahnöfersand)
 

Die Zeit hier im Knast vergeht meiner Meinung nach überraschend schnell. Am Anfang, als ich gerade wieder hier in H-Sand angekommen war, war mein Kopf echt gefickt. Ich hatte mich selbst gestellt, bin in die Wache gegangen, habe meinen Ausweis vorgelegt, und dann wurde ich mit nach hinten genommen, hab meine Tasche abgegeben und wurde dann in eine Zelle gebracht. Musste dort ein, zwei Stunden warten, bis ich zum Dammtor (Untersuchungsgefängnis, Anm.der Red.) gefahren wurde. Dort wurde ich für ein paar Stunden in eine Sammelzelle gepackt, mit irgendwelchen stinkenden Typen. Nach ein paar Stunden wurde ich mit ein paar anderen aus der Zelle geholt, wurde allein in einen Raum gebracht, wo ich mich umziehen musste. Danach durfte ich für drei Minuten telefonieren. Dann konnte ich duschen und wurde danach in meine Zelle gebracht. Weil ich mich ausgerechnet an einem Freitag gestellt hatte, musste ich bis zum nächsten Montag am Dammtor bleiben und wurde dann erst nach H-Sand transportiert.

In dieser ganzen Zeit wusste ich nicht, wie es meinem Bruder, meinem Onkel oder meiner Freundin geht. Nach einer Woche konnte ich endlich anrufen und mich vergewissern, dass es meiner Freundin und meiner Familie gut geht. Nach ungefähr einem Monat wurde ich dann Hausarbeiter, und mit der Arbeit verging die Zeit plötzlich wie im Flug – zwei, drei, vier, fünf, sechs Monate sind so schnell vergangen. Meiner Meinung nach liegt es aber auch daran, dass man die Zeit hier drinnen richtig nutzen muss. Man muss wirklich alles mitnehmen, was man hier in der JVA an Angeboten mitnehmen kann: ESA (erster Schulabschluss, Anm. d. Red.), Sport, Ausbildung, Legato und so weiter. Legato ist eine zehnköpfige Gruppe, die in drei Monaten über verschiedene Themen diskutiert – über Politik beispielsweise, über Terrorismus, Geld und noch viele weitere Dinge. Das würde jetzt hier zu weit führen. :-)

Die Arbeit ist, wie gesagt, auch eine sehr gute Beschäftigung, um die Zeit hier ein bisschen totzuschlagen – du bist von morgens 7:00 bis nachmittags 13:20 Uhr auf Arbeit, kommst dann zurück aufs Haus, gehst noch kurz telefonieren oder duschen, chillst dann bis zur Freistunde in deiner Zelle, guckst ein bisschen Fernsehen oder gehst schlafen. Wenn du deine Zeit hier richtig nutzt, bist du im Nu wieder draußen.

 


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Die Klarnamen der Verfasser sind durch Pseudonyme ersetzt.

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