Das Leben eines (angehenden) Profisportlers

Ein Bericht von St. Pauli

 

Das Leben eines (angehenden) Profisportlers

Ein Bericht von St. Pauli (Schreibgruppe der JVA Hahnöfersand).
 



Es begann alles in der Schule.

Ich habe mich für Handball interessiert, und dort gab es Handball als Kurs. Ich hatte da oft teilgenommen und wollte mit dem Sport gerne weiter machen und es durchziehen, weil es mir viel Spaß gemacht hat. Ich war damals 7 Jahre alt, als ich angefangen hatte. Mir hat sehr viel Spaß gemacht, dass ich mich so auspowern konnte, und der Ball dazu war einfach gut. Mit dem Team zusammen zu spielen und auch oft zusammen zu leben und gemeinsam Spiele zu gewinnen, zusammen auch mal zu verlieren – der Zusammenhalt als Team war schön. Und dass ich in dem Sport sehr gut war - von Anfang an. Meine Eltern meldeten mich privat bei einem Sportverein an, damit konnte ich meine Freizeit gestalten. Es hat sich für mich zu einem sehr großen Hobby entwickelt, da ich sehr gut war in dem, was ich dort geleistet habe. Ich konnte gut mit dem Ball umgehen. Ich habe sehr oft Lob bekommen, da ich der Beste der Mannschaft war und mein Team mitziehen konnte.

Ich habe mit 14 Jahren angefangen, in der U17 Bundesliga zu spielen. Schon mit vierzehn war ich so gut, dass ich dort sehr gut mithalten und mich beim Training mit den Älteren weiter verbessern konnte. Mit 15 Jahren war ich so gut, dass ich mehrfach zum deutschen National-Kader eingeladen wurde. Ich war richtig stolz auf mich und meine Familie. Es war auch ein schönes Gefühl, da es eine Antwort auf meine Fragen war: Ob es sich lohnt, so viel zu riskieren für den Sport. Und da ich oft eingeladen wurde, hat es mir gezeigt, dass es sich gelohnt hat. Und dann war mein Hobby für mich nicht mehr nur Hobby, sondern auch meine Zukunft. Es hat mein Leben komplett im Griff gehabt, denn ich hatte kaum noch Freizeit - nur noch Schule, danach immer Sport. Es war so, dass ich in der Woche 4-5 Mal trainierte und am Wochenende oft Spiele oder Turniere hatte, so dass mein Leben nur noch aus Schule und Sport bestand. Ich hatte ganz wenig Zeit für meine Familie und war oft weg von zuhause: mal mit der Jugendnationalmannschaft in Stuttgart, dann wurde ich auch noch von der türkischen Nationalmannschaft nach Istanbul eingeladen und war auch noch mal dort, um mit der Mannschaft zu trainieren. Die türkische Mannschaft wollte mich genauso gern als Spieler haben wie die deutsche Mannschaft. Ich hatte damals von der Türkei auch ein Angebot bekommen für mehrere Jahre. Ich hätte da gutes Geld verdient, das ein erwachsener Mensch kaum verdient hätte - und ich die Möglichkeit hatte, das mit 16, 17 Jahren zu haben. Es war aber auch schwer, alles auf einmal hinzukriegen. Ich hatte wegen meines Sports auch leider ungewollt geringere Leistungen in der Schule erbracht. Und habe dann mit 18 Jahren gemerkt, dass man sich nicht nur auf seinen Sport verlassen sollte, da ich damals einen schweren Unfall hatte und von einem auf den anderen Moment war plötzlich alles aus. Es war schon schwer zu akzeptieren, dass Schluss war und ich aufhören musste, obwohl ich so viele Jahre und so viel Kraft in den Sport gesteckt hatte. Es hat mich auch runtergezogen, und ich bin ein bisschen von der Bahn abgerutscht.

Ich glaube schon, dass mein Leben anders wäre, wenn ich den Unfall nicht gehabt hätte. Ich wäre vielleicht nicht von der Bahn abgekommen und hätte beim Sport noch mehr erreichen können. Ich vermisse meinen Sport, da er mir gutgetan hat, ich mich da auspowern konnte und viel Spaß hatte. Das war auch wie eine zweite Familie für mich, da ich jeden Tag mit den Teamkollegen verbracht habe und mit ihnen ja auch aufgewachsen bin.

 


Bildnachweis: Handball im Netz © JeppeSmedNielsen auf Pixabay | Die Klarnamen der Verfasser sind durch Pseudonyme ersetzt.

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