Das Leben nach der Haft

Ein Artikel von St. Pauli

 

Das Leben nach der Haft

Ein Artikel von St. Pauli (Schreibgruppe der JVA Hahnöfersand).


 

Das Leben nach der Haft fängt schon in der Haft an. Sechs Monate vor der Entlassung bzw. dem Strafende fängt man an, sich Hilfe zu holen, zum Beispiel für eine Arbeitsstelle oder einen Ausbildungsplatz und eine Wohnung nach der Haft. Hilfe bekommt man vom Übergangsmanagement: Das ist hier in der Anstalt die Unterstützung und Vorbereitung für die Entlassung. In den Räumen des Übergangsmanagements stehen PCs zur Verfügung, die man nutzen kann, um Bewerbungen zu schreiben. Vom erarbeiteten Lohn aus der Haftzeit wird ein Teil zwangsweise gespart, damit man nach der Haft etwas Geld hat, was das Leben erleichtern soll und es nicht zu neuen Straftaten kommt, weil das Geld wieder fehlt. Rechnerisch gestaltet sich das so: verdienter Monatslohn geteilt durch 7 mal 4 = Überbrückungsgeld. In der Anstalt gibt es Werkstätten und Betriebe, wo die Insassen den Tag über arbeiten und so Geld ansparen können. Zum Beispiel: 280,- Euro durch 7 = 40,- Euro mal 4 = 160,- Euro, die man pro Monat spart. Mit dem restlichen Verdienst von 120,- Euro kann man in der Anstalt einkaufen, zum Beispiel Tabak, Obst, Saft, Nutella, Gemüse, Sucuk und noch mehr.

Um nicht rückfällig zu werden, möchte man selbst einen geregelten Tagesablauf haben – das heißt: arbeiten statt Scheiße bauen. Man kann in der JVA Geld verdienen und einen Schulabschluss machen. Es heißt auch, sein altes Ich und das schlechte Umfeld hinter sich zu lassen, neu zu starten, etwas aus seinem Leben zu machen, und nicht wieder hinter Gittern zu landen, da es im Knast keine Zukunft gibt für die kommende Zeit im Leben. Es ist wichtig, eine Arbeit zu finden, die dir Spaß macht und du immer neue Motivation zum Arbeiten hast. Dazu gehört auch, dass man gut verdient und nicht wieder was Schlechtes tut, um Geld zu haben, sondern es legal verdient. Und ein gutes soziales Umfeld, das dich immer unterstützen kann, weiter am Ball zu bleiben. Es ist nicht immer das Wichtigste, dass man viel verdienen muss, sondern einen gesicherten Arbeitsplatz und Aufstiegsmöglichkeiten hat – wenn man bei der Arbeit viele Möglichkeiten hat, muss man auch nicht so viel verdienen.

Wenn man noch keinen Führerschein hat, kann man das nach der Haft noch nachholen – das kann mehr Wege im Berufsleben öffnen. Das gilt für den Fall, dass man schon einen Arbeitsvertrag hat und den beim Amt vorlegen kann. Dann ist es möglich, dass man einen Zuschuss bekommt. Damit kann man auch schon im Knast anfangen: Im geschlossenen Vollzug kann man für die Theorieprüfung lernen. Das Material kann man sich von draußen oder von der Familie zuschicken lassen oder per Post bestellen.

Nach der Entlassung steht dir die Jugendgerichtshilfe als Unterstützung bei der Wohnungssuche oder auf Ämtern bei – oder ein Bewährungshelfer. Es ist möglich, nach der Entlassung, den Erfahrungen und der Zeit, die man leider abgesessen hat, ins straffreie Leben zurückzukehren. Es ist sehr schwer – aber machbar.
 


Bildnachweis: Zeichnung © Cherik/JVA Hahnöfersand
Die Klarnamen der Verfasser sind durch Pseudonyme ersetzt.

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