Der Hamburger Jugendserver

Wilde Tiere in Hamburg

So schützt du sie

 

Interviewpartnerin Sandra BarfelsEin Knall an der Fensterscheibe, das Glas vibriert und ein Vogel liegt betäubt am Boden. Was nun? „Den Vogel nicht gleich anfassen“, rät Tierschützerin Sandra Barfels (Foto links). „Man sollte ihm Zeit geben, sich wieder zu berappeln. Dann fliegt er meistens wieder weg. Geht man zu früh zu dem Vogel hin und fasst ihn an, jagt man ihm Todesangst ein.“ Sandra Barfels weiß, wovon sie redet: Sie ist Geschäftsführerin im Bundesverband Tierschutz (www.bv-tierschutz.de). Wir haben sie zum Interview über den richtigen Umgang mit wildlebenden Arten in Hamburg getroffen.


 

Den Vogel erst einmal beobachten

Wie geht es jetzt mit dem Vogel weiter? „Einfach erst mal mit ein wenig Abstand den Vogel beobachten. Meist fliegt der Vogel unverletzt wieder weg. Liegt er jedoch nach etwa einer halben Stunde noch da, sollte man ihn genauer ansehen. Hängt vielleicht ein Flügel seltsam herab, sollte man sich um ihn kümmern.“ Damit es nicht erst zu einer Kollision mit einer Glasscheibe kommt, rät Sandra Barfels: „Vögel können Glasscheiben nicht erkennen. Deshalb sollte man Vogelschutzmaßnahmen installieren wie Aufkleber, Vogelattrappen, Fensterbilder, Vorhänge und ähnliches.“


 

Den verletzten Vogel nicht selbst aufpäppeln

„Man sollte den Vogel mit Handschuhen anfassen, in einen kleinen Karton setzen und sich von einer Wildtierstation beraten lassen“, so Barfels. Adressen findet man im Internet. Denn: Nicht alle Tierärzte behandeln wildlebende Tiere. „In keinem Fall sollte das Tier mit nach Hause genommen und selbst gepflegt werden“, rät die studierte Tierpsychologin. „Die Entnahme von Wildtieren aus der Natur ist strafbar.“


 

Tauben nicht füttern

Selbst in Städten kommen Menschen mit wildlebenden Arten wie Eichhörnchen, Igeln, Füchsen, Mardern, Wassergeflügel, Vogelarten und sogar Wildschweinen ganzjährig in Kontakt.

Doch bei der gut gemeinten Fütterung von Wildtieren ist Vorsicht geboten. „Wer sich gerade ein Brötchen gekauft hat und vor sich hungrige Tauben sieht, wirft schon einmal Krumen auf den Boden. Doch das ist nicht gut! Denn Teigwaren quellen im Magen-Darm-Trakt des Tieres auf. Außerdem sind Salz, Zucker und gehärtete Fette in den Teigwaren enthalten, die die Tiere krank machen“, erklärt Barfels. „Für die Fütterung von Wildtieren gibt es Spezialfutter im Fachhandel.“


 

Brot schadet auch Fischen

Auch Brotreste in Teiche und Seen zu werfen, ist keine gute Idee: „Wer Fische mit Brot füttert, tut ihnen keinen Gefallen“, gibt Sandra Barfels zu bedenken. „Getreideprodukte quellen im Wasser auf. Durch die zusätzlichen Nährstoffe bilden sich Algen, und das Gewässer schlägt um. Die Fische haben keinen Lebensraum mehr und sterben“, so Barfels. (Mehr Infos warum du keine Fische oder Enten füttern solltest, findest du hier).


 

Gegen die wachsende Taubenpopulation

Das „Stadttaubenmanagement“

In Hamburg und anderen Großstädten setzen sich Tierschützer für ein „betreutes Stadttaubenmanagement“ ein. Stadttauben sind keine Wildtiere, sondern verwilderte Haustiere. Ihre Population steigt weiter. Das hat mehrere Gründe: Es gibt zum einen weniger natürliche Feinde wie Uhus oder Wiesel, zum anderen ein gestiegenes Nahrungsangebot durch Lebensmittelabfälle in den Städten.

Jetzt versucht die Stadt Hamburg, mit drei betreuten Taubenschlägen die Anzahl der Tauben zu vermindern. 

 

Warum Taubenschläge tierschutzgerecht sind

In den betreuten Taubenschlägen erhalten die Tiere artgerechtes Körnerfutter und haben Schlaf- und Brutplätze. Diese werden regelmäßig gesäubert. Damit werden die standorttreuen Tauben an ihren Heimatschlag gebunden. Sie brauchen nicht mehr auf städtischen Plätzen auf Futtersuche zu gehen, was immer wieder zu Konflikten mit Menschen führt. Bebrütete Taubeneier werden durch Attrappen ersetzt.

So sinkt die Taubenpopulation langfristig, und es müssen keine Tötungsszenarien wie in Limburg an der Lahn angedacht werden. Die Stadt hat den Genickbruch von Tauben für die kommenden drei Jahre durchgesetzt. Übrigens reduzieren Taubenschläge auch die Ausbreitung von Krankheiten und Parasiten, die durch sehr dicht gebaute Nester entstehen kann.  

 

Geld von der Stadt für drei Taubenschläge

Die Taubenschläge stehen dort, wo es viele Tauben gibt: rund um den Hauptbahnhof, den Bahnhof Altona und den Barmbeker Bahnhof. Dafür stellen sowohl die jeweiligen Bezirke, in denen ein Taubenschlag steht, als auch der Senat Geld bereit. Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte gab 73.000 Euro, die Bezirksversammlung Altona 60.000 Euro für die Verwirklichung des Projektes aus. Dazu steuert der Senat über drei Jahre jeweils 350.000 Euro bei. 


 

Fütterungsverbot von Tauben

Bußgeld bis 5.000 Euro

„Natürlich kann man nicht verhindern, dass Tauben heruntergefallene Brötchenkrümel aufpicken. Doch das bewusste Füttern von Tauben an Haltestellen, im Park oder auf Bahnsteigen sollte unterlassen werden“, sagt Sandra Barfels mit Blick auf das Fütterungsverbot, das in Hamburg gilt.

Wer Tauben auf öffentlichen Straßen und Plätzen sowie in öffentlichen Gebäuden füttert, kann mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro belangt werden. 

 

Nachweise:                 

Tauben füttern verboten? - Freizeit-Bußgeldkatalog 2024 (bussgeldkatalog.org)   

Tiergerechtes Hamburg: Leben mit Stadttauben         

Taubenschläge für Hamburger Stadttauben – Thieme Vet                                                                     


 

Text: Karin aus der JIZ-Redaktion

Bildnachweise:

Foto Frau: Sandra Barfels vom Bundesverband Tierschutz e.V., von BSB/ Istel

Foto Silhouette, von bv-tierschutz

Foto Taube, von bv-tierschutz 

top